Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum das Baden oben ohne für Frauen in Frankreich selbstverständlicher ist als anderswo? Die Antwort liegt in der Geschichte der Brust. Und diese wurde in Frankreich durch Marianne, die barbusige Freiheitskämpferin der französischen Revolution mit so viel Freiheit aufgeladen, dass dies bis heute auf die Badekultur durchschlägt.
Die entblösste weibliche Brust wurde damals zum Freiheitssymbol, das bis heute in Frankreich auch als solches verstanden wird. Auch anderswo entledigten sich die Feministinnen zu Beginn des 20 Jahrhunderts als erstes des Korsetts und in den 1970er Jahren verbrannten feministische Frauen sogar ihre Büstenhalter als Zeichen ihrer Befreiung. Auch die Femen, eine Gruppe von ukrainischen Frauen, die vor einigen Jahren mit nacktem Busen für Frauenrechte und gegen Putin demonstrierten, bezogen sich auf diese Tradition.
In der weiblichen Brust steckt aber noch viel mehr, sie ist anfällig für allerhand Phantasien. Die Kunstgeschichte zeigt eine Bandbreite, die von Venusdarstellungen bis zum Pin-up und zurück reicht. Die weibliche Brust wurde im 20. Jahrhundert auch zum Symbol des Natürlichen. Nach dem zweiten Weltkrieg stellte die Stillpropaganda sicher, dass Frauen auf modernere Formen der Kinderernährung verzichteten und das Stillen durch die Mutter zur Norm und Pflicht wurde. Etwas, was im 19. Jahrhundert und zuvor undenkbar gewesen war. An der Brust ist die Geschlechterungleichheit bis heute bestens ablesbar. Die Brust der Männer und der Frauen wird total unterschiedlich behandelt, obwohl dank des verbreiteten Übergewichts heute auch viele Männer mit viel Fettgewebe unterlegte Brüste haben. Während aber Männer im Sommer immer noch unbekümmert "oben ohne" herumlaufen dürfen, ist dies bei Frauen heute noch keine Selbstverständlichkeit, denn weibliche Brüste sind immer noch viel stärker sexuell aufgeladen.
Anja Zimmermann führt in ihrem Buch mit dem schlichten Titel BRUST quer durch die Kulturgeschichte der weiblichen Brust dabei fördert sie immer wieder erstaunliches zu Tage. Eine anregende und lohnenswerte Lektüre über die Aufladung eines Körperteils, das endlich einen neuen Umgang verdient hätte.