Lian: Hey du (Sternenaugen-Emoji)… Wollen wir heute Abend zusammen netflixen?
Charlie: Hehe, gleich so (Zwinker-Emoji)?! Love it. Bei mir oder bei dir?
Lian: Bei mir sind heute alle Mitbewohnys zuhause… Bei dir?
Charlie: Hm… Dann bei mir. Lou ist zwar am Gonfi einmachen, aber das macht nichts. Bis spähäter (Herzaugen-Emoji).
Später: Die beiden stehen in Charlies abgedunkeltem Schlafzimmer, im Hintergrund läuft leise ein Film. Mitbewohny Lou hantiert derweil hörbar mit dem Zauberstab in der Küche, aber das tut der Stimmung keinen Abbruch und die beiden fangen an sich zu küssen. Ein paar Kleidungsstücke fallen, sie sagen sich liebe Dinge. Lian findet Charlie sehr toll und berührt und küsst Charlie am ganzen Körper. Charlie geht das ein bisschen zu schnell. Charlie sagt das nicht. Lian fragt nicht. Die beiden haben Sex miteinander. Btw: Mit «Sex» meine ich hier alles, was mit körperlicher Nähe zu tun hat.
Am nächsten Tag: Charlie erzählt Lou, dass der Sex mit Lian «ganz ok» war, aber dass für Charlie etwas nicht stimmte. Charlie wollte Lian auch ganz fest, fühlte sich aber überrumpelt und wusste nicht, wie so etwas angesprochen wird. Vor allem, wenn es schon läuft. Ein bisschen nach dem Motto, wer A sagt, muss auch B sagen: Wer rumknutscht und dann eine halbnackte Person bei sich im Bett liegen hat, muss auch sexuelle Handlungen mit dieser Person haben, dachte sich Charlie und sagte entgegen der Intuition «B». Damit wurde das Ganze zu einer schiefen Sache, in dem Consent, die Zustimmung zu sexuellen Handlungen, plötzlich nicht mehr gegeben war. Consent bedeutet also, dass alle Beteiligten gleichermassen zu jeder Zeit mit allem einverstanden sind, was passiert.
Was hätten Lian und Charlie also tun können, damit sich beide wohl fühlen und keine Grenzen überschritten werden? Normalisiert das Sprechen über Eure gemeinsame Sexualität! Vielleicht denken wir, dass es unsexy ist, über unsere Wünsche und Vorstellungen zu sprechen. Aber das Gegenteil ist der Fall: Talking about Sex-Settings is hot af! Charlie kann Lian leise ins Ohr flüstern, dass Charlie es langsam mag und viel gestreichelt werden möchte. Charlie kann Lian auch bitten, immer wieder liebevoll nachzufragen, ob Charlie sich immer noch wohlfühlt. Lian und Charlie sollten davon ausgehen, dass ihre Bedürfnisse nicht unbedingt gleich sind und dass sie sich diesen Bedürfnissen nur behutsam annähern können. Beide sollten das Motto «Wer A sagt, muss auch B sagen» aus dem Bereich der Sexualität streichen. Eigentlich aus jedem Bereich: Ich kann A sagen und danach nichts mehr wollen. Auch ok.
Einzige Sex-Regel: Erlaubt ist alles, was Lust bereitet und keiner anderen Person schadet. Damit ihr herausfindet, was der anderen Person Lust bereitet, müsst ihr darüber sprechen. VOR DEM SEX.
Der Sex-Setting-Talk ist für alle intimen Begegnungen wichtig (langjährige Paare, Sexdates, Affären etc.) und wird umso wichtiger, wenn eine Person belastende Erfahrungen mit Sex gemacht hat. So oder so können vereinbarte Safewords wie „Auszeit“, „Ampel“ oder eindeutige Handbewegungen hilfreich sein, um schnell aus einer unsexy Situation herauszukommen. Ihr entscheidet, was ihr teilen möchtet und was nicht, aber durch das gemeinsame Festlegen des Settings für eure Intimität merkt ihr, ob eine Person zu euch passt, wie sie auf eure Wünsche reagiert und ob Sex mit ihr euch überhaupt noch lustvoll erscheint.
Im besten Fall gewinnen Charlie und Lian durch das Festlegen ihres persönlichen Sex-Settings Nähe und Vertrauen zueinander und können sich aufeinander einlassen. Wie auch immer es mit Lian und Charlie weitergeht, Consent erreichen sie durch das Besprechen ihrer Wünsche. Denn: Nur Ja heisst Ja.