Group 3922 2 Familie – Studie

Dauerbrenner Vereinbarkeit und Finanzen

Finanzielle Belastungen drücken in Schweizer Familien auf die Stimmung – das zeigt das neuste Familienbarometer

Das neueste Familienbarometer zeigt auf, dass auch im Jahr 2025 die finanzielle Situation und der ständige Spagat zwischen Erwerbsarbeit und Familieleben die drängendsten Anliegen der Schweizer Familien sind.

Das Gute aber vorneweg: Den Schweizer Familien geht es 2024 ähnlich gut wie in den früheren Jahren. Die meisten sind im grossen Ganzen mit ihrem Familienleben nach wie vor zufrieden.

Familien sind finanziell unter Druck

Auf die Frage, welche aktuelle Themen die Familie zurzeit am stärksten beschäftige, wurden am häufigsten die hohen Krankenkassenprämien genannt (45%). Das zweithäufig genannte Thema war die Inflation (39%). Auf Platz 3 war die Gesundheit (31%) und auf Platz 4 lag ein weiteres Thema, das die Finanzen belastet: die Wohnkosten (24%). Bereits in der letztjährigen Ausgabe des Familienbarometers belegten diese Themen die ersten vier Plätze. Die hohen Krankenkassenprämien lagen auch beim letzten gesamtschweizerischen Sorgenbarometer an der Spitze.

Krankenkassenprämien und Mieten sind in vielen Familien die grössten Ausgabenposten. Die jährlich steigenden Krankenkassenprämien stellen daher für viele Familien eine grosse Herausforderung dar. Sie belasten das Haushaltsbudget erheblich und zwingen Familien, einen immer höheren Anteil ihres Einkommens für die Gesundheitsversorgung aufzuwenden. Auch das Wohnen wird für viele immer teurer, denn die Mietpreise sind nicht nur in den Schweizer Städten gestiegen, sondern auch in ländlichen Gebieten.

Zudem schenken für Familien mit kleinen Kindern in der Schweiz die hohen Kosten für die externe Kinderbetreuung ein, dazu kommen höhere Ausgaben für Nahrungsmittel, Kleidung und Freizeitaktivitäten in mehrköpfigen Haushalten. Auch sind alltägliche Güter und Dienstleistungen teurer geworden, zum Beispiel Benzin oder Energie. Das alles schlägt sich stark im Familienbudget nieder. Steigende Krankenkassenprämien, höhere Wohnkosten und steigende Preise sind gemäss Familienbarometer für sieben Prozent der befragten Familien nicht mehr zu stemmen. Sie geben an, dass ihr Haushalteinkommen für das gemeinsame Familienleben nicht reicht. Die Befragung zeigt auch, dass es sich in der Schweiz für eine Familie erst ab einem Einkommen von etwa CHF 100'000 eingermassen sorgenfrei leben lässt. Das Sparpotential bei Familien ist stabil. Ein knappes Drittel der Familien kann gemäss der aktuellen Familienbarometerbefragung kein Geld sparen. Gut ein Drittel der Familien geben an, dass sie pro Monat nicht mehr als CHF 500 sparen können. Ein Fünftel kann zwischen CHF 500 und 2000 zur Seite legen, knapp jede zehnte Familie kann mehr als CHF 2000 pro Monat sparen. Nur ganz wenige Familien können monatlich noch mehr Geld zur Seite legen.

Es ist daher wenig überraschend, dass mehr als die Hälfte der Familien der Meinung ist, dass sich das Familienleben am meisten verbessern würde, wären mehr finanzielle Ressourcen da (57%). Wie aus Graphik 1 hervorgeht, teilen in der lateinischen Schweiz etwas mehr Familien diese Haltung als in der Deutschschweiz (Romandie 59%, Tessin 64% vs. Deutschschweiz 55%).

Was würde Ihr Familienleben am meisten verbessern?
Graphik1

Auf dem letzten Platz der möglichen Verbesserungen steht die Aufstockung der Arbeitszeit. Nur sehr wenige Familien glauben, dass sich ihr Familienleben durch mehr Arbeitszeit verbessern würde, auch wenn bei einem Drittel der Familien jemand überlegt, das Arbeitspensum aufzustocken. Es stünde dann zwar mehr Geld zur Verfügung, doch die zusätzlichen Betreuungskosten würden diese gleich wieder auffressen – ganz zu schweigen von den Abstrichen bei der gemeinsamen Zeit, der zweitmeist genannte Faktor für eine Verbesserung des Familienlebens.

Lösungen von der Politik gefordert

Folglich erwarten Familien von der Politik Lösungen, wie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern wäre. Denn würden Eltern ihre Arbeitszeiten erhöhen, um mehr finanzielle Mittel zu generieren, gerieten sie möglicherweise noch mehr unter Druck, ihre beruflichen Verpflichtungen mit der Familie in Einklang zu bringen.

Die Erhebung des Familienbarometers ging daher der Fragen nach, auf welche Bereiche sich die Familienpolitik in der Schweiz fokussieren sollte. Da viele Familien durch Budgetsorgen belastet sind, erwarten sie von der Politik vor allem finanzielle Entlastungen. Wie Graphik 2 zeigt, fordert die Hälfte eine Kostenreduktion der Krankenkassenprämien, weitere 40 Prozent wünschen sich mehr finanzielle Unterstützung für Familien.

Auf welche Bereiche sollte sich die Familienpolitik in der Schweiz fokussieren?
Graphik2

Beruf und Familienleben unter einen Hut zu bringen, ist für Familien in der Schweiz immer noch eine grosse Herausforderung. Der Anspruch, diese beiden Welten besser zu vereinbaren, setzt Eltern unter Druck. Deshalb wünschen sich die Familien von der Politik – neben finanziellen Entlastungen – auch, dass sich die Familienpolitik vermehrt auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fokussiert (29%). Bereits zum dritten Mal erscheinen diese Ansprüche an die Schweizer Politik unverändert im Familienbarometer. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass in der Wahrnehmung der Schweizer Familien bisher noch nicht genug getan wurde, damit sich Beruf und Familie besser vereinbaren lassen.

Familien in der höchsten Einkommensgruppe fordern von der Familienpolitik besonders häufig, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern (40%). Das dürfte daran liegen, dass diese vermehrt in hohen Arbeitspensen tätig sind und dadurch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zusätzlich erschwert ist.

Vereinbarkeit setzt Familien unter Druck

Die schwierige Vereinbarung von Beruf und Familie setzt Eltern besonders unter Druck. Drei von zehn Familien geben an, dass der Druck der Eltern das Familienleben beeinträchtigt. Wie Graphik 3 zeigt, nannten die befragten Eltern als Hauptgrund die Anforderung, Beruf und Familie zu vereinbaren (54%) – unter Druck sind besonders Eltern mit kleinen Kindern

Was sind die Hauptgründe für den Druck, den Sie als Elternteil verspüren?
Graphik3

Auch wenn der Druck auf Grund der schwierigen Vereinbarkeit von Beruf und Familie die Eltern belastet, sind zwei Drittel der Familien eher oder sehr zufrieden, was die Vereinbarkeit von Beruf- und Familienleben betrifft. Bei Familien mit kleinen Kindern reduziert sich der Anteil der Zufriedenen auf knapp zwei Drittel. Und es zeigt sich ein klarer Unterschied in Bezug auf die finanziellen Verhältnisse: Familien mit einem höheren Familieneinkommen sind tendenziell zufriedener mit der Vereinbarkeit als Familien mit weniger Geld.

Wie gut sich die Vereinbarkeit von Beruf und Familie arrangieren lässt, hängt in der Schweiz auch stark von den Arbeitgeber:innen ab. Die Befragung zeigt, dass diesbezüglich über zwei Drittel der Familien mit den Massnahmen ihres Arbeitgebers zufrieden sind, insbesondere wenn flexible Arbeitszeiten und Homeoffice gewährt werden. Dies erleichtert es Familien, Arbeit und Alltag besser zu vereinbaren, wie Graphik 4 zeigt.

Mit welchen Massnahmen könnten Unternehmen die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben am meisten steigern?
Graphik4

Zufriedene Familien, aber es gibt Luft nach oben

Die dritte Ausgabe des Familienbarometers zeigt, dass Themen wie finanzielle Ressourcen, Vereinbarkeit von Beruf und Familienleben bei den Familien in der Schweiz konstant hoch im Kurs sind. Die Befragung zeigt auch auf, dass die Familien mehrheitlich zufrieden sind, trotz Geldsorgen und der unzureichenden bisherigen politischen Anstrengungen, was die Vereinbarkeit von Beruf und Familienleben betrifft.

Wenn man die aktuelle wirtschaftliche und weltpolitische Lage betrachtet, dürften die Ausgaben die Familienbudgets auch in Zukunft strapazieren. Die Politik muss daher auf die Forderungen der Eltern nach mehr finanzieller Unterstützung und einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie reagieren, damit die positive Grundstimmung in den Schweizer Familien erhalten bleibt.

Das Schweizer Familienbarometer 2025 - Methode und Stichprobe

Das Familienbarometer von Pax und Pro Familia Schweiz bildet die aktuelle Lebensrealität von Familien in der Schweiz sowie deren Wandel über die Zeit ab. Es wird seit 2023 jährlich erhoben und will eine langfristige Datenbasis für familien- und sozialpolitische Debatten sowie den unternehmerischen Diskurs schaffen. Im Zentrum der Erhebung stehen folgende Fragen:

Wie geht es den Familien in der Schweiz? Wie zufrieden sind sie? Wie hoch ist der Druck, der auf Eltern und Kindern lastet? Für die aktuelle Ausgaben wurden zwischen dem 12. und 22. November 2024 insgesamt 2 200 Familien aus allen Landesteilen im Rahmen einer repräsentativen Erhebung mittels Online-Panel befragt und dabei verschiedene Familien formen berücksichtigt.

Text von Cynthia Ringgenberg-Elizondo, sie ist Autorin bei Geschlechtergerechter.

26.06.2025